Familienrecht: Änderung des Versorgungsausgleichs nach dem Versterben des Ausgleichsberechtigten

„Was Gott zusammengefügt, soll der Mensch nicht scheiden… oder doch?“

Der Versorgungsausgleich ist ein zentraler Bestandteil der Scheidungsfolgenregelung in Deutschland. Er sorgt dafür, dass die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften gerecht zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden. In Deutschland wurden im Jahr 2022 etwa 163.000 Ehen geschieden, während rund 368.000 neue Ehen geschlossen wurden. Diese Zahlen zeigen, wie relevant das Thema Scheidung und die damit verbundenen rechtlichen Regelungen sind.

Doch was passiert, wenn einer der Ehegatten verstirbt?

In diesem Blog-Artikel erläutern wir das Verfahren zur Änderung des Versorgungsausgleichs nach dem Versterben des Ausgleichsberechtigten und wie es zu einer sog. Totalrevision, also der Rückgängigmachung des Versorgungsausgleichs, kommen kann.

Thorsten F.U. Schneider

Abitur 2011 (bilingual englisch), Erstes Staatsexamen Uni Marburg 2016, Zweites Staatsexamen 2019, zunächst angestellter Rechtsanwalt und seit November 2020 selbstständig in eigener Kanzlei.

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Grundlagen des Versorgungsausgleichs

Der Versorgungsausgleich wird in der Regel im Rahmen des Scheidungsverfahrens geregelt. Dabei werden die Rentenanwartschaften, die beide Ehegatten während der Ehezeit erworben haben, ausgeglichen. Dies geschieht durch die Übertragung von Anwartschaften von einem Ehegatten auf den anderen, sodass beide im Alter ähnlich abgesichert sind.

Änderung des Versorgungsausgleichs nach dem Tod eines Ehegatten

Das Versterben eines Ehegatten kann erhebliche Auswirkungen auf den Versorgungsausgleich haben. Gemäß § 51 VersAusglG (Gesetz über den Versorgungsausgleich) kann eine Abänderung des Versorgungsausgleichs beantragt werden, wenn sich die Werte der Anrechte wesentlich geändert haben. Ein solcher Antrag kann auch nach dem Tod eines Ehegatten gestellt werden.

Fallbeispiel: Urteil in der Sache Schneider

Ein aktuelles Beispiel für eine solche Abänderung ist das Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v.d.Höhe vom 29.03.2024 in der Sache Schneider (Az.: 900 F 388/23 VA). In diesem Fall wurde der Versorgungsausgleich, der ursprünglich im Jahr 1986 geregelt wurde, nach dem Tod der Ehefrau neu bewertet.

– Ursprüngliche Regelung: Der Versorgungsausgleich wurde 1986 durchgeführt, wobei die Ehefrau Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung und betrieblichen Altersversorgung erhielt.

– Versterben der Ehefrau: Nach dem Tod der Ehefrau im Jahr 2022 beantragte der Ehemann eine Abänderung des Versorgungsausgleichs.

– Wesentliche Wertänderung:Es wurde festgestellt, dass sich die Werte der Anrechte wesentlich geändert hatten, was eine Neuberechnung erforderlich machte.

Totalrevision des Versorgungsausgleichs

Eine Totalrevision des Versorgungsausgleichs kann erfolgen, wenn die Voraussetzungen des § 51 VersAusglG erfüllt sind. Dies ist der Fall, wenn:

1. Wesentliche Wertänderung: Die Änderung des Ausgleichswerts beträgt mindestens 5 % des bisherigen Werts (relative Wertgrenze) und übersteigt 1 % der maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (absolute Wertgrenze).

2. Tod des Ausgleichsberechtigten: Nach dem Tod eines Ehegatten können die Erben keinen Anspruch auf Wertausgleich geltend machen. Dies führt dazu, dass die Anrechte des überlebenden Ehegatten ungeteilt bleiben.

Im vorliegenden führte die wesentliche Wertänderung und das Versterben der Ehefrau dazu, dass der Versorgungsausgleich vollständig entfiel.

Der überlebende Ehemann erhielt seine Anrechte ungeteilt zurück.

Verfahren zur Änderung des Versorgungsausgleichs

Um eine Änderung des Versorgungsausgleichs zu beantragen, sind folgende Schritte notwendig:

1. Antragstellung: Ein Antrag auf Abänderung des Versorgungsausgleichs muss beim zuständigen Familiengericht eingereicht werden.

2. Dokumentation: Es müssen alle relevanten Dokumente und Nachweise eingereicht werden, die die wesentliche Wertänderung belegen.

3. Rechtliche Beratung: Es ist ratsam, einen Fachanwalt für Familienrecht zu konsultieren, um die Erfolgsaussichten des Antrags zu prüfen und die notwendigen Schritte einzuleiten.

Fazit

Das Versterben eines Ehegatten kann den Versorgungsausgleich erheblich beeinflussen. Durch eine sorgfältige Prüfung der Voraussetzungen und die Einreichung eines entsprechenden Antrags kann eine gerechte Neuverteilung der Rentenanwartschaften erreicht werden. Das vorliegende Urteil zeigt, wie wichtig es ist, die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine faire Lösung zu erzielen.

Für weitere Informationen und rechtliche Beratung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie unsere Kanzlei, um Ihre individuellen Fragen zum Versorgungsausgleich zu klären.

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